Nur Ahnungslosigkeit oder Böswilligkeit? - Ein Zollskandal

 

Immer wieder haben Falkner und sicher auch andere Tierhalter damit zu kämpfen, daß Zolldienststellen mangels Sachkunde Fehlentscheidungen treffen oder stark überhöhte Schwarzmarktpreise nicht nur ihren Steuer- und Gebührenentscheidungen zu Grunde legen sondern diese auch veröffentlichen. Damit werden immer wieder Begehrlichkeiten bei kriminellen Elementen geweckt und die Bestände privater Tierhalter völlig unnötig erhöhten Gefährdungen ausgesetzt sowie der Schwarzmarkt angeheizt.


Im vergangenen Jahr hat sich ein besonders krasser Fall dieser Art im Bereich des Hauptzollamts Itzehoe abgespielt, der nachfolgend kurz dokumentiert werden soll.

 

Wir bringen als erstes die Pressemitteilung des Hauptzollamts Itzehoe vom 27.9.2013. Danach wiederholen wir unsere auf unserer Website veröffentlichte Stellungnahme zu dieser Pressemitteilung und lassen ihr den darauf ergangenen Antwortbrief des Hauptzollamts vom 15.10.2013 folgen. In einem eigenen Beitrag [Anm. Red.: Dieser Beitrag wird auf diesem Blog als nächstes zu lesen sein] berichtet dann Frau Irina Maier über die weitere Entwicklung in diesem bemerkenswerten Vorgang. Dabei bleibt es natürlich völlig unbestritten, daß die erforderliche Einfuhrgenehmigung des Bundesamts für Naturschutz bei der Anmeldung der Habichte beim Zoll auf dem Flughafen Hamburg nicht vorlag.

Eine weitere Kommentierung ersparen wir uns, da der Vorgang für sich selbst spricht und jeder Leser sich sein eigenes Urteil bilden kann. Allerdings stellen wir uns die Frage, wozu das Bundesamt für Naturschutz in seinem Internetauftritt WA-Sachverständige für Greifvögel aufführt (Dr. H. Link und Prof.Dr. Ch. Saar), wenn der Zoll sich dieser Hilfe nicht bedient. Wäre der etwa 20 Autominuten vom Hamburger Flughafen entfernt wohnende Sachverständige Prof. Dr. Saar in diesem Fall hinzugezogen worden, hätten wohl eine Menge Fehler und Mißverständnisse vermieden werden können.  

Pressemitteilung des Hauptzollamtes Itzehoe vom 27.09.2013
Originaltext unter:

http://www.zoll.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/Artenschutz/2013/z83_habichte_iz.html;jsessionid=C1C625EBA338B530014B63A167CA4C2C?nn=98138

 

Und um solche Vögel ging es (gleiche Art bzw. Subspezies):

 


Habichte im Wert von einer Million Euro beschlagnahmt
Itzehoe, 27. September 2013


Anfang September 2013 haben Zöllner am Flughafen Hamburg zwei lebende Albino Habichte beschlagnahmt.
Die beiden Tiere, die einen geschätzten Gesamtwert von einer Million Euro haben, wurden durch zwei aus Russland kommende Reisende zur Abfertigung im roten Kanal angemeldet. Die Reisenden gaben an, dass es sich bei den Habichten um Nachzüchtungen handelt. Die für die Abfertigung nötigen CITES-Papiere aus Russland und des Bundesamts für Naturschutz konnten sie jedoch nicht vorlegen. Die Tiere wurden beschlagnahmt und in einen norddeutschen Zoo in die Verwahrstation gebracht.


Tage nach der Beschlagnahme, anlässlich einer Amtshandlung im Zusammenhang mit der Verwahrung der Tiere, kam es dort zu einem Zusammentreffen der Zöllner und den aus Schottland stammenden "Abnehmern". Diese versuchten offensichtlich, sich der Tiere zu bemächtigen. Dies wurde jedoch von Mitarbeitern des Zoos, der Polizei und den Zöllnern verhindert. Die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Greifvögel wurden erhöht.


Zusatzinformation
Albino Habichte gelten in der freien Wildbahn als ausgestorben. Sie unterliegen dem höchsten Schutzstatus des Washingtoner Artenschutzabkommens. Für die Einfuhr dieser Tiere werden sogenannte CITES-Papiere benötigt; das heißt, dass bei nach Anhang 1 geschützten Tieren eine Ausfuhrgenehmigung aus dem Herkunftsland sowie eine Einfuhrgenehmigung des Bundesamts für Naturschutz vorzulegen ist. Beide Genehmigungen werden Privatpersonen in der Regel nicht erteilt.


Kontakt
Thomas Gartsch
work Telefon: 04821 902-107
work Fax: 04821 902-200
E-Mail: presse-zoll@hzaiz.bfinv.de

Herausgeber
Hauptzollamt Itzehoe
Kaiserstraße 14 a 25524 Itzehoe

 


Stellungnahme des Deutschen Falkenordens -

Keine Albinos, nicht ausgestorben, kein Millionenwert:
05.10.2013
 
Berlin, 5. Oktober 2013 – Das Hauptzollamt Itzehoe hat die Öffentlichkeit am 27. September 2013 über die Beschlagnahmung von zwei lebenden Greifvögeln am Flughafen Hamburg informiert. Aus Sicht des Deutschen Falkenordens e. V. (DFO), der als weltweit ältester Falknerverband und anerkannter Naturschutzverband in Deutschland Ansprechpartner für Falknerei, Greifvogelschutz und Greifvogelkunde ist, enthalten die Informationen des Hauptzollamts bedauerlicherweise Fehler.


Greifvogelschutz setzt voraus, daß möglichst viele Menschen die Fakten zu heimischen und fremden Vögeln kennen. In diesem Sinne bietet der DFO deshalb Hintergrundinformationen zur Beschlagnahmung der vermeintlichen Albino-Habichte an und steht den Medien bei Fragen jederzeit gern zur Verfügung. Aus Sicht des DFO sind die folgenden Hintergrundinformationen zur Beschlagnahmung der zwei Habichte in Hamburg entscheidend:


Das Hauptzollamt Itzehoe teilt mit, es handele sich bei den in Verwahrung genommenen Greifvögeln um Albino-Habichte. Bei den beiden in Hamburg beschlagnahmten Habichten handelt es sich nach Informationen des DFO nicht um Albino-Habichte – Greifvögel mit einer Pigmentstörung –, sondern um eine Unterart des Habichts mit hellgrauem bis weißem Gefieder, deren wissenschaftlicher Name Accipiter gentilis albidus ist.   

Das Hauptzollamt Itzehoe spricht in seiner Pressemitteilung davon, die beschlagnahmten Habichte gälten als in freier Wildbahn ausgestorben. Der Accipiter gentilis albidus ist in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet, im Osten Rußlands bis nach Kamtschatka, nicht ausgestorben. Die Vögel brüten dort in freier Wildbahn.    

Laut Hauptzollamt Itzehoe beträgt der geschätzte Gesamtwert der beiden Tiere eine Million Euro. Der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit als Sachverständiger für Greifvögel bestellte Zoologe Dr. Helmut Link vom Umweltamt der Stadt Nürnberg beziffert den Wert von zwei Habichten der Unterart Accipiter gentilis albidus auf maximal 6.000 bis 8.000 Euro pro Habicht, also 12.000 bis 16.000 Euro für ein Paar.    

Das Hauptzollamt Itzehoe schreibt, Albino-Habichte unterlägen dem höchsten Schutzstatus des Washingtoner Artenschutzabkommens. Der Habicht – Accipiter gentilis – unterliegt nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA) nicht dem höchsten Schutzstatus. Das WA unterscheidet nicht nach Unterarten. Der Habicht ist im Anhang II aufgeführt und damit international als Wildtier handelbar. Unabhängig davon handelt es sich bei den in Verwahrung genommenen Habichten um gezüchtete Exemplare.    


Das Hauptzollamt berichtet, die für die Abfertigung nötigen CITES-Papiere aus Rußland und des Bundesamts für Naturschutz hätten die Einführer nicht vorlegen können. Dem DFO liegt eine Kopie des russischen Original-CITES-Papiers mit dem Stempel und dem Siegel des Hauptzollamts Itzehoe vom 8.9.2013 vor. 

   
Das Hauptzollamt Itzehoe teilt mit, Privatpersonen erhielten in der Regel keine Ausfuhrgenemigung aus dem Herkunftsland und keine Einfuhrgenehmigung des Bundesamts für Naturschutz (BfN). Beide Informationen sind nach der Erfahrung des DFO falsch. Die an Privatpersonen zu Handels- oder Privatzwecken ausgestellten Genehmigungen für ein- und ausgeführte Tierarten, die nach dem WA geschützt sind, stellen den mit Abstand größten Anteil der Genehmigungen dar. Dem DFO sind aus den Jahren 2012 und 2013 22 Vögel bekannt, die für Botanische Gärten, wissenschaftliche Forschung oder Zoos eingeführt wurden. Im gleichen Zeitraum wurden aber 633 Vögel für den Handel, als persönliche Gegenstände und zu anderen Zwecken eingeführt. Diese Daten sind in den Veröffentlichungen des Bundesamts für Naturschutz (BfN) nachprüfbar: http://www.bfn.de/0305_stat_t4.html
 
Fazit
Der DFO bedauert, daß es im Rahmen der Beschlagnahmung der beiden Habichte am Hamburger Flughafen zu bedauerlicherweise mißverständlichen Informationen der Öffentlichkeit über Greifvögel, den Handel mit ihnen und den Vogelschutz gekommen ist.


Aus Sicht des DFO werfen die veröffentlichten Informationen des Hauptzollamts Itzehoe ein schlechtes Licht auf die internationale Falknerei, eine seit 4.000 Jahren ausgeübte Jagdform, die in 13 Staaten von der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) als immaterielles Kulturerbe anerkannt ist [Anm. Red.: und seit 2014 auch in Deutschland als immaterielles Kulturerbe anerkannt ist].

 

Zugleich werden durch Behauptungen wie den angeblichen Millionenwert von zwei Habichten Anreize für kriminelle Handlungen und den illegalen Handel mit vermeintlichen Albino-Habichten geschaffen.

Man beachte das Auge!

 

 

Dies war die Reaktion des Hauptzollamtes Itzehoe auf unsere Stellungnahme:

 

 

 

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